26.10.14
Immer wieder
sonntags… komme ich zum Schreiben, deshalb nun das “update” über die Erlebnisse
der letzten Woche (Entschuldigung an alle, die noch auf eine Antwort von mir
warten – es ist wirklich ein größerer Act, hier in’s Internet zu kommen und
E-Mails hoch- und herunterzuladen – insbesondere nochmals die Bitte: keine
großen Anhänge schicken, das dauert ewig…!).
Das Wichtigste
vorweg: mir geht es hier (immer noch) sehr gut und ich bin sehr froh und
dankbar, hier zu sein! Mein Leben hier ist so völlig anders, als daheim, ich
habe es ja schon geschrieben, es gibt hier einfach viele Dinge nicht, die ich
in Deutschland einfach kaufen würde, und so dauert vieles eben entsprechend
länger (weil man es selbst machen muss) – beispielsweise das Backen. :-) Und
nein, keine Angst, dies hier wird nicht zu einem Back-Blog „verkommen“, auch,
wenn ich ganz ernsthaft Freude daran gefunden habe, zu backen (und meine
Kuchen, Pizzas etc. scheinen auch „anzukommen“, ich „darf“ immer wieder welche
machen).
Ich hatte
berichtet, dass „meine“ indische Schwester nun in Indien ist und ich hier im
DPC (Diocesean Pastoral Center) immer wieder für sie einspringe an der Seite einer
der Schwestern aus der Schweiz. Dies beinhaltet vor allem, dass ich hier oben
wohne, die Schlüsselgewalt habe und ansprechbar bin. Hier kommen immer wieder
Gruppen an (das DPC hat zwei große Schlafgebäude, sowie einen Speisesaal, eine
Küche, eine Art Klassenzimmer - oder Konferenzraum, wie auch immer man das
nennen mag - und eine kleine Kapelle; außerdem ist hier noch ein großes Büro, wo
auch allerlei Schriften, Bücher, etc. verkauft werden) und wollen versorgt
werden ;-). Es gibt einen Koch und Leute, die putzen, waschen und den Garten
versorgen, aber es muss eingekauft werden, das Büro versorgt werden, Wünsche
aller Art erfüllt werden, Fragen beantwortet werden etc. – und irgendwo zwischendrin
bin ich. Häufig sind das keine großen Dinge, aber sie müssen halt erledigt
werden und „irgendjemand“ muss da sein und helfen – und das ist nun mein Job. Im
Zuge dessen habe ich am Freitag 6 Stunden lang mit der jungen Frau, die hier
i.d.R. die Wäsche macht, einen Großwaschtag (Großkampftag würde es auch
treffen) durchgeführt, da eine Gruppe von 45 Jugendlichen abgereist ist, was
bedeutet, dass das ganze Bettzeug etc. gewaschen werden musste. Wirklich entspannend,
einmal einen „ganzen halben“ Tag immer die gleiche Arbeit zu verrrichten – und besonders
gut war, dass der Strom nur einmal kurz ausgefallen war und es nicht geregnet
hat!
Sonst wohne
ich eben hier und es kann sein, dass hier abends um 21 Uhr jemand klopft, weil
er sich ausgesperrt hat, oder irgendetwas aus dem Büro braucht o.ä.
Ansonsten
unterrichte ich täglich eine Stunde „Computers“ (bzw. MSOffice) und inzwischen
funktioniert das auch ganz gut!
Soweit zum
Alltag, nun die herausragenden Ereignisse:
Am Sonntag
war ich zu Besuch bei Rebecca, die hier ein Waisenhaus aufgemacht hat –
alleine, ohne Hilfe von Seiten der Gemeinde o.ä. „Richtige“ Waisen sind hier
sehr selten, da Kinder ansich gar keinen so schlechten Stellenwert haben. Es
kommt zwar durchaus nicht so selten vor, dass ein Kind von seinen Eltern
weggegeben wird, aber dann kommt es meist zu irgendwelchen „Wantok“s („One talk“
– Leute, die die gleiche Sprache sprechen – bei uns sowas wie Verwandte,
Nachbarn, Freunde, etc.) und wird dort als eigenes Kind mit aufgezogen. In
seltenen Fällen kommt es dann doch vor, dass ein Kind kein Heim hat, und für
solche Kinder hat Rebecca ihr Waisenhaus eröffnet (St. Franziskus).
Rechts oben im Bild - das Waisenhaus |
Zur Zeit
leben dort Rebecca und ein paar ihrer „Wantok“s, die ihr helfen und dann noch
sieben Kinder unterschiedlichen Alters.
Rebecca, ihre Nichte, ihr Mann (???) und die Kinder - das kleinste schläft |
Einer der Jungen hat viele Jahre seines
Lebens allein in der Wildnis überlebt (wenn sie über ihn spricht, nennt sie in „Dschungle-boy“),
einige der Kinder sind HIV-positiv, andere waren unterernährt, etc. Rebecca
arbeitet nicht, sondern hat große Gärten angelegt (mit allerlei Gemüse- und
Obstsorten), um die sie sich kümmert, um genug Nahrung zu haben. Es ist
beeindruckend, ihr zuzuhören und zu sehen, was sie alles geschaffen hat – ohne
staatliche Hilfe und „nur“ durch ihre Arbeit und die Spenden anderer Mitmenschen.
Dennoch gibt es viel, was man hier noch tun könnte (sie würde gerne ein „richtiges“
Dach für ihr Schlafhaus haben – im Moment ist dort ein Dach aus
Naturmaterialien, das nur für ein paar Jahre dicht ist; es gibt immer einmal
wieder eine Knappheit an Essen und auch die Kinder haben häufig nur einen Satz
Kleidung, kaum Schulmaterialien oder Spielsachen).
so sieht's im Schlafhaus aus - die Türen führen zu den einzelnen Zimmern |
Und so sieht es dann in den Zimmern aus |
Die, die
meine letzten Reisen verfolgt haben, wissen, dass ich von diesen Reisen i.d.R.
ein, zwei Projekte „mitbringe“, die ich persönlich besucht habe und unterstützenswert
finde, und die ich dann auch anderen gerne ans Herz lege.
Ich denke,
dass dieses Waisenhaus solch ein Projekt ist. Wenn ich nach Weihnachten wieder
nach PNG zurückfliege, habe ich vor, diesen Kindern etwas Kleidung,
Schulmaterialien u.ä. (oder auch Essen) mitzubringen, bzw., ihnen dann vor Ort
hier zu kaufen. Geld geben möchte ich nicht (ich glaube zwar nicht, dass
Rebecca da nicht vertrauenswürdig ist, aber dieses Land hier ist insgesamt SEHR
korrupt), Sachspenden werde ich aber sehr gerne übermitteln. Sollte sich also
jemand angesprochen fühlen durch diese Geschichte und diese Kinder ebenfalls
unterstützen wollen: bitte nehmt Kontakt mit mir auf – ich verspreche, dass ich
jeden Cent, der mir dafür in die Hand gedrückt wird, auch nur hierfür einsetze!
Ich habe ein zweites Bilum bekommen - angefertigt von Regina (wir schauen uns an) |
Eine zweite
unterstützenswerte Sache hier ist das „Haus Sik“ (Krankenhaus) der
Missionsstation.
Am Mittwoch
war ich mit zwei Schwestern und weiteren vier Mitarbeitern des „Haus Sik“
unterwegs: wir fuhren an einen Ort (Richtung Mount Hagen), der ca. 1,5 Stunden
entfernt ist, um dort „Sprechstunde“ zu haben – AIDS-Sprechstunde.
Sprechstunde: die beiden Schwestern befragen/untersuchen je einen der beiden Ehepartner |
An diesem
Ort (sorry, ich habe den Namen vergessen, es ist hinter Ialibu) lebt Margaret,
und Margaret war eine der ersten (bekannten) HIV-Positiven hier in der Gegend
und wird nun seit über zwanzig Jahren behandelt. In Margarets Haus (bzw. in dem
Haus, das dort gebaut wurde, um HIV-Aufklärung zu betreiben) fand also eine
Sprechstunde statt, zu der alle bereits bekannten HIV-positiven Patienten der
Umgebung kommen konnten, sowie auch alle, die sich testen lassen wollen
(traditionell herrscht hier nicht unbedingt Monogamie – wobei das natürlich vor
allem bedeutet, dass ein Mann mehrere Frauen hat… , bzw. es ist durchaus nicht
unüblich, dass – auch hier i.d.R. die Männer – außereheliche Beziehungen
geführt werden – und so kamen auch einige Frauen, um zu erfahren, ob sie
HIV-positiv sind). So primitiv hier vieles ist, die HIV-Schnelltests (ELISAs –
für die Naturwissenschaftler/Mediziner unter uns ;-) ) können innerhalb kurzer
Zeit verlässliche Ergebnisse bringen.
"Labor unterwegs" - HIV- und Syphilis-Schnelltests |
Wirklich SEHR spannend für mich! Noch
sehr viel „cooler“ ist, dass das „Haus Sik“ hier tatsächlich ein Gerätchen hat,
mit dem man die CD4-Zellen bestimmen kann (für die, denen das „spanisch“
vorkommt: wird als "Indikator benutzt, wie gut das Immunsystem gegen die
HI-Viren kämpfen kann). Wir sind also „in the middle of nowhere“ und machen
richtig gute Diagnostik. Cool!
CD4-Zellen-Analyse |
Die
Patienten, die schon seit Jahren kommen, haben eine Patientenakte und so wird
ziemlich gut Buch geführt über die Behandlungserfolge, bzw. das Fortschreiten
der Krankheit (wobei ich sagen muss, dass die Kombinationstherapie tatsächlich
ziemlich beeindruckende Ergebnisse erzielt).
Die Apotheke war auch mit dabei - das grüne ist eine Kalorienbombe (Erdnusspaste) gegen die Unterernährung |
Spannend für mich ist, die große
Zahl an Patienten zu sehen, die natürlich nicht groß fragen können, ob es
andere Präparate gibt, oder ob sie vielleicht sonst Behandlungsmöglichkeiten
hätten etc. Hier gibt es die Möglichkeit DIESER Behandlung, oder keiner …
Spannend ist, dass es selbstverständlich auch viele Frauen gibt, die schwanger
sind und HIV haben, diese werden aufgeklärt und gebeten, direkt nach der Geburt
in’s „Haus Sik“ zu kommen, damit das Kind ebenfalls behandelt werden kann (die
Mütter stillen ihre Kinder selbstverständlich, Fläschchen gibt es hier nicht!) –
und das tun die Mütter dann auch. Neulich war eine HIV-positive Frau da, die
eine zweieinhalbstündige Fahrt (über diese Straßen hier!) auf sich genommen hat
(nachdem sie am Morgen das Kind zur Welt gebracht hat), damit DIESES Kind
behandelt werden kann – die letzten beiden Kinder sind beide in den ersten
Lebensjahren gestorben (vermutlich beide an AIDS).
Nach 6
Monaten wird dann das Kind ebenfalls getestet – und sehr häufig sind diese
Kinder dann eben NICHT HIV-positiv! Ganz großartig!
Spannend,
wirklich spannend!
...war auch hier in der Sprechstunde... |
Auch für
dieses Projekt gilt: absolut unterstützenswert. Falls der eine oder die andere
hierfür etwas spenden möchte: auch hier verspreche ich, dass ich alles genau an
diese Stelle weiterleiten werde (hier allerdings tatsächlich Geld; da habe ich
auch keinerlei Bedenken, denn da ist eine der Schwestern aus der Schweiz
verantwortlich)!
Und das
dritte besondere Ereignis dieser Woche war der Tod und die Beerdigung einer der
„local Sisters“. Diese Schwester (Monica) hatte Krebs, der vor ca. 1,5 Jahren
diagnostiziert wurde und war vor ein paar Wochen noch nach Lae (an der Küste)
geflogen, um sich dort weiter behandeln zu lassen. Dort war sie dann am
Dienstag gestorben. Nun musste der Rücktransport der Leiche bewerkstelligt
werden und das Requiem und die Beerdigung geplant werden – und da dies erst die
zweite Schwester war, die hier gestorben und begraben wurde, war das alles sehr
aufregend (;-) witzig: das war die erste Beerdigung, die der Bischof hier in
PNG durchgeführt hat).
Der Wagen,
der Sr. Monica zurückbrachte, kam am Mittwochabend hier an und dann startete
ein großes „Hauskrai“ – (to cry) – ein lautes Weinen und Wehklagen, das v.a.
von Frauen durchgeführt wird. Dies ist natürlich nicht traditionell katholisch,
greift aber die Traditionen hier auf und so kamen Frauen von überall her und
haben geklagt – teils haben sie sich dafür mit Lehm beschmiert o.ä., alles
Zeichen der Trauer. Schön war, dass die Zufahrtsstraßen zur Missionsstation
wunderschön mit Blumen aller Art geschmückt wurden, um Sr. Monica noch einmal
willkommen zu heißen.
Am
Donnerstag fanden dann das Requiem und die Beerdigung statt. Der Trauerzug
holte den Sarg am Haus ab (immer noch: lautes Wehklagen) und zog dann in die
Kathedrale.
Sr. Monica wird noch einmal in die Kathedrale getragen |
Beeindruckend: der Bischof zelebrierte die Messe und es waren
außerdem noch 17 weitere Priester als Konzelebranten anwesend, dann viele
Schwestern und auch ganz viel „Volk“ ;-) . Die Kathedrale war voll! Das Requiem
war letztlich unseren sehr ähnlich, spannend wurde es dann wieder bei der
Beisetzung: als der Sarg ins Grab hinuntergelassen wurde, setzte das laute
Jammern und Wehklagen wieder ein – diesmal offensichtlich auch die Männer – und
mindestens eine Frau habe ich gesehen, die sich sogar auf dem Boden wälzte –
jammernd. Und natürlich ist das dann der Moment, wo etwas nicht ganz passt… -
auf den Sarg wird hier dann nochmals eine Art „Übersarg“ angepasst – alles aus
Holz – und irgendwie passte dieser dann nicht ins ausgehobene Grab, so dass
dieses Holz dann vor Ort am Grab noch mit einer Säge passend gemacht werden
musste…
Nach der
Beerdigung stand das Leben in der Missionsstation still (warum, weiß ich nicht,
war aber so), aber am Abend waren wir dann noch eingeladen zu einer Art
Leichenschmaus. Die Schwesterngemeinschaft von Sr. Monica und allerlei Frauen
haben für ca. 100 Leute Essen zubereitet und es war sehr lecker! Es war
überhaupt ein sehr netter Abend! Die Schwestern, Priester und „Missionaries“
(also auch ich) waren in einem Raum, die anderen geladenen Gäste im anderen –
und es war nett, die Priester und Schwestern einmal „unter sich“ zu erleben!
Und sonst
wollte ich schon lange einmal die Rubrik „Katholisches“ eröffnen (die Liste,
mit den Dingen, die ich schreiben wollte, wird nicht merklich kürzer), deshalb
eröffne ich sie heute:
Das
Evangelium des heutigen Tages (Matthäus 22, 34-40) erzählt vom Doppelgebot. In
der Einheitsübersetzung heißt das folgendermaßen: „Du sollst den Herrn, deinen
Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. …
Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich
selbst.“
Auf Englisch
heißt das dann: „…You shall love your neighbour as yourself“… - im Deutschen
der „Nächste“, im Englischen der „Neighbour“ – ich finde, da hat schon eine
Einengung stattgefunden, „Nächster“ ist m.E. ein Begriff, der mehr Leute
beinhaltet. Nun ja, in Tok Pisin heißt diese Stelle dann:“…Yu mas laikim ol
wantok olsem yu laikim yu yet.“ (wörtlich: Du musst lieben alle „wantok“s
gleichwie du lieben dich selbst) – Da sind sie wieder die „wantoks“ – und das
ist wirklich eine weitere Einschränkung der Bibelstelle. Hier in PNG wird genau
unterschieden, wer „wantok“ ist, und wer nicht – und „wantok“s können so
ziemlich alles von einem haben/ wollen/ bekommen/…, die anderen sind dann „Fremde“
– und entsprechend würde die Pidgin-Übersetzung diese aus dem Doppelgebot
ausschließen.
Spannend…
;-) Und ich
merke, dass ich MEINE Sprache doch schätze! ;-)
Und noch
einen Punkt zur Rubrik „Katholisches“ (more to come!): Wir haben heute in den
Fürbitten doch tatsächlich für „unseren Papst Benedikt XVI“ gebetet ;-) … - die
Achtklässler der hiesigen Schule hatten den Gottesdienst mit vorbereitet (ab
morgen starten ihre Abschlussprüfungen) – und irgendwie muss das wohl in der
Vorbereitung übersehen worden sein ;-) . Naja. Gebete für Benedikt sind
schließlich auch wichtig! :-)
Und das soll’s
für heute gewesen sein, bis (voraussichtlich) nächste Woche!
Blessed
Sunday, everyone!
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