Schon länger hatte ich vor, einen
Artikel „Katholisches“ zu schreiben.
Also: Achtung – Ihr lest (wie immer) auf
eigene Gefahr weiter! :-)
(Der Übersichtlichkeit wegen diesmal
in kleineren Absätzen – und mit der Vorbemerkung, dass es in PNG selbst große
Unterschiede gibt; ich berichte vorwiegend über die Situation hier in der
Diözese Mendi, wo vor 60 Jahren die ersten Missionare „landeten“)
Latein
Manche werden wissen, dass ich Latein
sehr schätze und dass ich mich auch über lateinische Messen sehr freue (im
„neuen“ Ritus, wohlgemerkt) – und mich gerne auch immer mal wieder in
Deutschland dafür stark mache. Der Gedanke, dass in dieser Sprache schon
Generationen vor uns gebetet und die Messe gefeiert haben und die Vorstellung,
dass dies die universale Kirchensprache ist, fasziniert mich ebenfalls.
…und dann komme ich in dieses
Missionsland hier, wo jeder Stamm eine eigene Sprache spricht (es gibt hier
über 800 verschiedene Sprachen, wenn man dem Internet glauben darf) und es
genügend Menschen gibt, die keine der beiden offiziellen Sprachen des Landes
(Tok Pisin und Englisch) sprechen…
Um es kurz zu machen: Latein spielt praktisch
keine Rolle hier! Irgendwie schade, aber andererseits geht mir dadurch auch
auf, wie groß die Errungenschaft war, die Bibel in die jeweiligen Sprachen zu
übersetzen und die Messe ebenfalls in der Landessprache abzuhalten.
Da Tok Pisin eine sehr blumige,
umschreibende Sprache ist, ist es durchaus sehr bereichernd, manche der
altbekannten Texte in anderer Sprache zu hören.
Und auf der anderen Seite fehlen dann
auch häufig Worte, die in Deutsch/ Englisch/ Latein eine besondere Bedeutung
haben, und der Versuch einer Erklärung in Pidgin ist manchmal nicht soooo
schön.
Und – eine kleine Randbemerkung… - am
Ende des Hochgebetes die Worte „Durch ihn und mit ihm und in ihm…“ kann es in
Pidgin so nicht geben, denn es gibt genau zwei Präpositionen („long“ und „bilong“);
insofern ist da dann die Formulierung natürlich etwas anders… (und das ist nur
EIN Beispiel).
Und – noch ein „P.S.:“: es ist durchaus
üblich, dass die Fürbitten in der jeweils eigenen Sprache („Tok Ples“)
abgehalten werden; bzw., es ist ebenfalls durchaus üblich, dass in entlegeneren
Gegenden irgendjemand übersetzt („Tok Pisin“ in „Tok Ples“).
Embolismus
Im katholischen Gottesdienst wird
(eigentlich,… - zumindest, wenn sich der Priester an die Vorgaben hält…) das „Vater
Unser“ „unterbrochen“:
Nach der Bitte: „Und führe uns nicht
in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ betet der Priester zunächst
alleine weiter: „Erlöse uns, Herr, von allem Bösen, und gib Frieden in unseren
Tagen. Komm uns zu Hilfe mit Deinem Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und
Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus
erwarten.“, bevor dann alle wieder mit einstimmen: „Denn Dein ist das Reich und
die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.“
Dieser „Einschub“ heißt Embolismus und
ich persönlich finde auch die darin enthaltenen Bitten sehr wichtig und schön –
und, um es kurz zu machen, freue mich, dass ich hier noch keinen Gottesdienst
OHNE diesen Embolismus erlebt hätte, der ist ganz selbstverständlich.
(Vielleicht, weil hier die Stimmen,
die fordern, dass dies unbedingt nötig wäre „wegen der Ökumene“ nicht so laut
sind?!???)
Gesänge
…sind wichtiger Bestandteil der
Gottesdienste, Gebetszeiten, etc….
…sind häufig eingängiger, als Gebete…
…werden LAUT (und noch lauter und NOCH
lauter) mitgesungen (und manchmal so laut „gesungen“, dass wir es schon nicht
mehr als singen bezeichnen würden)…
…haben häufig die Melodie bekannter
Lieder – mit einem eigenen Text (;-) und das kann dann durchaus witzig werden,
wenn das Lied im Deutschen ein Weihnachtslied ist, hier aber ein Marienlied,
oder so ;-) )…
„Für alle“
Was in Deutschland zu großen
Diskussionen führt und führte, ist hier schon eine lange Weile umgesetzt.
Sowohl die englischen Messbücher, als auch die Messbücher in Pidgin haben bei
den Wandlungsworten nicht mehr das „für alle“, sondern „für viele“.
…und entsprechend bemühen sich die
Bischöfe und Priester auch, die weiteren „Vorgaben“ des Papstes umzusetzen.
Brot und Wein
Eine solche „Vorgabe“ ist, dass die
Gläubigen beim Empfang der Kommunion unter beiderlei Gestalten (Brot und Wein)
das Brot nicht selbst in den Wein eintauchen dürfen (Intinktio).
Zugegeben, diese „Vorgabe“ ist für
mich manches Mal durchaus schwierig (und hier ganz besonders – allein die
Vorstellung, aus dem gleichen Kelch zu trinken, wie hunderte anderer Menschen …,
wo hier soooo viele Infektionskrankheiten verbreitet sind…), doch Bischof
Donald und einige andere Priester hier haben eine, wie ich finde, sehr schlaue
Variante: Der Priester selbst hält den Kelch, ein Kommunionhelfer hält die
Schale mit den Hostien, der Priester nimmt eine Hostie und tunkt sie in den
Wein.
(Äääähm, und ja, klar geht das nur bei
Mundkommunion :-) ).
Wein
Unterwegs in Middle Ramu habe ich noch
eine weitere für mich neue Erfahrung bzgl. des Kommunionempfangs gemacht.
Die Messe, um die es hier geht, war in
einer der Outstations in einer kleinen Kirche aus „Busch“materialien ohne
Tabernakel. Vor der Gabenbereitung bat der Priester alle, die kommunizieren wollten,
die Hand zu haben, damit die Anzahl bestimmt werden konnte. Ein Kommunionhelfer
ging dann zählen, was aber durchaus nicht ganz einfach war, da alle Leute
verstreut sitzen und vielleicht auch die Worte nicht gehört hatten…. Wie auch
immer: beim Kommunionempfang gingen die Hostien aus – und der Priester ging
einfach zum Altar, holte den Kelch mit Wein und ließ die verbliebenen ca.
zwanzig Leute noch aus diesem Kelch trinken.
Ministranten
Jaja, auch die gibt es hier – und die
Ministrantengewänder sind so vielfältig, wie die Priester, die hier Dienst tun.
Manchmal scheint es mir, dass, je nachdem, wer in welcher Gegend missioniert
hat, die Gewänder unterschiedlich sind.
Hier in der Diözese Mendi habe ich
bislang nur männliche Ministranten gesehen, in der Diözese Madang dagegen fast
ausschließlich weibliche.
Nun war ich selbst Ministrantin (und
habe das wirklich sehr gerne und mit großer Überzeugung und Hingabe gemacht!)
und habe mich durchaus dafür stark gemacht, dass Mädchen auch ministrieren
dürfen, sehe aber auch, dass das ein zweischneidiges Schwert ist. Mädchen sind
(auch hier – oder vor allem hier???) zuverlässiger, und es scheint hier in der
Kirche so zu sein, dass sobald Mädchen (oder Frauen) eine Aufgabe übernommen
haben, die Jungs (und Männer) sich zurücknehmen, da es auch ohne sie „läuft“.
Eine durchaus schwierige Entscheidung.
In Muli (wo ich über Ostern war) habe
ich eine sehr aktive Gemeinde mit einem sehr guten Priester erlebt, und ich
denke, dass das vielleicht als positives Beispiel dienen kann:
Fr. Damian lässt dort ebenfalls
ausschließlich Jungs ministrieren, aber er nimmt sich auch sehr viel Zeit für
sie und veranstaltet Ministrantenproben etc. Die Liturgie dort hat mir sehr
zugesagt und es war ganz offensichtlich, dass die Ministranten ihren Dienst mit
einer großen Hingabe tun (und es waren bestimmt 30 Ministranten da!).
Der Dienst der Mädchen heißt dann „Tambourine
Girl“…: Die Mädchen treffen sich, um die Begleitung der Lieder für die Messe zu
proben – und, wie der Name impliziert, jede von ihnen hat ein Tambourin. Diese
Tambourins werden häufig auch mal bunt geschmückt, mit Fäden versehen, etc. und
dann geht es los: einer genauen Choreographie folgend begleiten die Mädchen die
jeweiligen Lieder (;-) das ist ganz schön faszinierend, mit anzusehen, denn
selbstverständlich ist das für jedes Lied anders!)
Blumenschmuck
Ein Wort muss auch zum Blumenschmuck
gesagt werden:
WUNDERSCHÖN!
Na, o.k, etwas mehr: dadurch, dass
hier „immer“ „alles“ wächst, blühen
meist auch allerlei Blumen – und die werden dann einfach gepflückt, um die
Kirche etc. zu schmücken. Wirklich: wunderschön!
(…:-) und ich muss so oft an meinen
Papa denken, der – angesprochen darauf, dass vielleicht die Socken, die er
trägt, nicht unbedingt zur Hose passen (o.ä.) – meinte, dass das subjektiv sei und dass in der
Natur doch auch alle verschiedenfarbigen Blumen nebeneinander blühen… - Papa, all
diese bunten Blumen sind dann manchmal auch im Blumenschmuck vereint – rosa und
rot und orange und… :-)!)
Sonntagsgewand
So manches Mal sonntags (oder auch
unter der Woche) wünschte ich mir, dass ich meine Kamera dauernd dabeihätte,
damit ich die EINMALIGEN Sonntagsgewänder festhalten könnte…
Mode ist hier wirklich völlig relativ
(und auch hier gilt: ALLES passt zusammen – wieder mit dem Gruß an Papa!), und
vor allem gilt: es geht immer ALLES, solange es nur hinreichend funktionell ist
– oder, solange man es einfach überzeugt genug trägt…!
Die Liste, der Dinge, die mir hier (modetechnisch)
sonderbar vorkommen, wäre vermutlich endlos lange (und reicht vom
Supermankostüm über die Rüschchensocken, bis zur Weihnachtsmannmütze und dem Morgenmantel),
aber sonntags wird das manchmal noch getoppt, weil die Leute sich natürlich
besonders fein machen für den Sonntagsgottesdienst.
I LOVE IT!!! (Wirklich, eigentlich
berührt es mich, zu sehen, dass der Sonntag den Leuten so wichtig ist, und wie
sie bemüht sind, sich entsprechend fein zu machen; einzig, wenn ich mit „deutschen“
Augen schaue, dann wirkt manches doch sehr witzig… :-) )
Werktagsmesse
Hier in Mendi bin ich in der sehr
privilegierten Situation, meist zwischen (mindestens) drei Werktagsmessen
wählen zu können: in der Kathedrale ist täglich Messe, ebenso bei den
Kapuzinern und ebenso im KTS (Katechis Trening Senta ;-) ). Täglich bedeutet
wirklich täglich, also auch montags und samstags. Messe ist allermeist um 7 Uhr
morgens, bei den Kapuzinern und im KTS mit vorangehender gemeinsam gebeteter
Laudes.
Ich wähle meist die Messe bei den
Kapuzinern und bin dann bei den Swiss Sisters zum Frühstück, bevor ich um 8 Uhr
im Büro anfange.
Sehr nett!
Ich weiß diesen „Luxus“ sehr zu
schätzen und werde das in Deutschland sehr vermissen!
Gabenbereitung
Über die Gabenbereitung habe ich schon
einmal kurz berichtet, deshalb nur ganz kurz: vor der Gabenbereitung findet ein
kleiner Gabenganz statt, in dem Brot und Wein und sonstige Gaben zum Altar
gebracht werden. (Und das „Sonstige“ ist Geld, Gemüse, Obst, etc., aber eben
manchmal auch lebende – oder tote – Tiere…)
Beichte
Verglichen mit Vielem, was ich in
Deutschland erlebt habe, hat die Beichte hier einen hohen Stellenwert. In
vielen Outstations habe ich erlebt, dass der Priester bevor er die Messe
beginnen kann, zunächst erst einmal eine gute Stunde (oder länger) Beichte
hört. Da viele dieser Kirchen keinen eigenen Beichtstuhl haben, findet die
Beichte dann im Altarraum statt: der Priester sitzt auf seinem Stuhl und der
Beichtende kniet vor ihm. (Hin und wieder denke ich da unser Nightfeverteam und
die Anfragen, die so manches Mal kommen nach den Nightfeverabenden, ob eine
solche Beichte nicht irgendwie zu „öffentlich“ ist, bzw., dass sie nicht
privat/ geheim genug ist… :-) … kommt doch mal HIERHER und schaut Euch das an!)
Generell ist Beichte hören sicherlich
auch eine Herausforderung für die Priester, denn so manches Mal verstehen sie
die Sprache nicht, in der da gebeichtet wird…
Auch hier gilt: manches Mal bin ich
ganz ergriffen vom festen Glauben mancher dieser (in meinen Augen häufig so „einfachen“)
Menschen: da kann ich viel lernen.
Faithfulness
Mir fiel keine bessere Überschrift ein…:
In Deutschland erlebe ich häufig, dass
Menschen, die an den Idealen/Idealvorstellungen der katholischen Kirche
scheitern, mit großer Energie versuchen, diese Ideale abzuschaffen und die
Kirche zu verändern (zum Beispiel bezüglich der Haltung der katholischen Kirche
in Bezug auf den großen Komplex „Ehe, Sexualität, Familie“).
Hier scheint es mir eher so zu sein,
dass es viel klarer ist, dass man an Idealen scheitern kann, und dass sie
dennoch wert sind, aufrecht erhalten zu werden; dass es nach jedem Scheitern
auch die Möglichkeit des Neuanfangs gibt (und dass dies im katholischen Glauben
eben durch die Beichte und die Vergebung der Sünden möglich ist).
Wenn man die konkreten
Lebenssituationen einiger Menschen hier anschaut, dann sind diese überhaupt
nicht konform mit den Lehren der katholischen Kirche, und dennoch a.) werden
diese Menschen nicht als Aussätzige/ Ausgestoßene/… behandelt und b.) versucht
niemand, die Lehren der Kirche zugunsten dieser Menschen zu ändern.
Es ist durchaus üblich und völlig
normal, dass während des Kommunionempfangs Einige auf ihren Plätzen
sitzenbleiben – aus verschiedenen Gründen (zum einen wirklich, weil sie sich
nicht im Stand der Gnade befinden, zum anderen aber auch, weil sie nicht der
katholischen Kirche angehören – oder ihr sich in der Vorbereitung zurAufnahme
befinden, oder weil sie sich aus irgendeinem Grund nicht disponiert dafür
empfinden,…) – und dass das nicht groß diskutiert oder in Frage gestellt wird. Es
ist klar, dass es bestimmte Voraussetzungen für den Kommunionempfang (und für
die Aufnahme in die Kirche etc.) gibt, und dass andere Kirchen (und andere
Vereine etc.) auch bestimmte Voraussetzungen für allerlei Dinge haben, und entsprechend
versuchen die Leute, sich daran zu halten.
(Ich muss gestehen, dass ich diese
Haltung, wie überhaupt die Haltung zur Treue gegenüber der katholischen Kirche
als sehr angenehm empfinde. Ich bin die ewigen Diskussionen „back home“ leid
und ich empfinde es als große Erleichterung, mich nicht ständig und überall für
meinen Glauben und meine(n Versuch von) Treue gegenüber der katholischen Kirche
rechtfertigen und verteidigen zu müssen)
Missionare
…gibt es hier viele…
Sie kommen aus den unterschiedlichsten
Ländern, den unterschiedlichsten Gemeinschaften und sprechen die
unterschiedlichsten Sprachen.
Die Missionare (also die
Gemeinschaften), die schon seit über 45 Jahren hier sind, sind die Kapuziner
und die „Swiss Sisters“ (aus Baldegg). Die Kapuziner sind sogar noch länger
hier, deshalb ist auch keiner der allerersten Garde mehr hier, aber einige der „Swiss
Sisters“, die jetzt noch im Land sind, waren die allerersten ihrer
Gemeinschaft, die hierher gesandt wurden.
Diese Menschen, die schon seit 45
Jahren hier sind, faszinieren mich sehr – und ebenfalls fasziniert mich die
Art, wie sowohl die „alten“ Kapuziner, als auch die „alten“ „“Swiss Sisters“ hier
authentisch als Missionare, aber vor allem auch authentisch als Gemeinschaft
leben! Beeindruckend. Und sehr begeisternd, welch faszinierende
Persönlichkeiten diese Menschen sind!
Bischof
Kurz muss ich auch etwas zum Bischof
schreiben:
Bischof Donald ist ein großartiger
Mensch. Er ist ebenfalls Kapuziner, kam allerdings ursprünglich nicht als ganz „klassischer“
Missionar in’s Land, sondern um im Seminar der Kapuziner zu unterrichten. Dies
tat er auch, aber gar nicht so lange, denn als der ehemalige Bischof von Mendi,
Bischof Steven, zum Erzbischof von Madang gemacht wurde, war plötzlich der Name
von Donald Lippert auf der Liste der Kandidaten für den Bischof von Mendi… -
und dann wurde er auch wirklich Bischof von Mendi….
Er unterrichtete zuvor in Port Moresby
(dort wird fast ausschließlich Englisch gesprochen) und musste dann erst einmal
anfangen, Pidgin zu lernen. UND: aus der Erwartung, einige Jahre hier lehrend
zu unterrichten, wurde die „Sicherheit“, bis zur Pensionierung (mit 75) in PNG
zu bleiben. Irgendwie auch spannend, aber eben auch „typisch“ für hier und für
die Mission: PNG ist „the land oft he unexpected“, wie hier gesagt wird.
Nun ja, Bischof Don erzählt manchmal
scherzend, wie er sich anhören muss, dass manche Leute (von außerhalb PNG) ihm
sagen, dass die Leute, die in PNG Bischof werden, auch nirgendwo sonst Bischof
geworden wären… - da ist sicherlich etwas dran, aber im Gegenzug: die
Allerwenigsten KÖNNTEN hier Bischof sein – das ist wirklich keine (überhaupt
keine!) leichte Aufgabe! Ein Bischof hier ist häufig sehr alleine, muss auf
viele Annehmlichkeiten der westlichen Zivilisation verzichten, sich mit
allerlei fremden Gebräuchen und Sitten auseinandersetzen und auskennen, muss
sich wirklich mit ALLEM selbst befassen, etc….
Wo ein deutscher Bischof einen
Sekretär und eine Sekretärin, einen Finanzchef und jemanden für Soziales, einen
Chauffeur und eine Köchin, etc. hat, muss der Bischof in PNG selbst aktiv
werden: er muss vielleicht nicht die ganze Arbeit alleine machen, aber er muss
sich zumindest mit allem auskennen – und das reicht von den Finanzen bis zur
Solaranlage… - und so ganz „nebenher“ ist er dann ja auch noch ein geistlicher
Führer…
Ich beneide Bischof Don überhaupt
nicht um diese Aufgabe, im Gegenteil, ich bemitleide ihn sehr…! (…OREMUS!...)
Priester
Die Diözese Mendi ist noch recht jung
und hat in der Zwischenzeit (also in den ca. 60 Jahren ihres Bestehens) einige „locals“
als Priester hervorgebracht. Momentan liegt die Zahl bei ca. 13 (oder so?), die
Mehrheit der Priester stammt aus einem anderen Land (USA, Korea, Indien,
Tansania, Polen).
Es ist für mich spannend, die
verschiedenen Mentalitäten zu sehen, und die Eigenheiten, die die jeweiligen
Priester mitbringen – und, ich muss auch hier sehen, dass manche Dinge, die für
mich völlig selbstverständlich sind, hier überhaupt nicht selbstverständlich sind,
und dass ich nicht erwarten darf, dass mein Gegenüber sich so verhält, wie ICH
es von einem Priester erwarten würde.
So sind die Priester eben auch „nur“
Menschen …
…und der Bischof ist auch der Chef von
all diesen… :-) keine leichte Aufgabe
(…und ehrlicherweise bezieht sich
dieser kurze Absatz vor allem auf die „local priests“…)
Barmherzigkeit vs. „Compensation“
Manche Grundsätze meines Glaubens habe
ich hier sehr viel besser kennen- und verstehen gelernt.
Mir ist klar geworden, dass für mich
ein Leben ohne Barmherzigkeit, beziehungsweise ohne die Möglichkeit, selbst zu
vergeben und Vergebung zu erfahren, beinahe sinnlos und vor allem unglaublich
bedrückend und niederschmetternd wäre.
In der Tradition der Menschen hier in
den Highlands hat aber dieses „Nachkarten“ eine große Bedeutung (die ganzen „tribal
fights“, die hier stattfinden, haben meist schon vor Jahrzehnten begonnen – und
die Situation ist häufig wie ein Schwelbrandt, der immer mal wieder aufflammt).
Zur Zeit bekomme ich das hier in der Nähe mit, wo zwei rivalisierende Stämme
wieder kämpfen, und dabei auch schon wieder (mindestens) ein Mensch getötet
wurde. „Aug und Auge…“ Die Möglichkeit, irgendwann irgendwo einen Schlussstrich
zu ziehen, existiert in dieser Vorstellung nicht.
Immer „beliebter“ werden auch
Kompensationsforderungen – ein Menschenleben gegen so und soviele
hundertausend/ Millionen Kina – und falls das nicht gezahlt wird, wird eben vom
anderen Stamm jemand umgebracht. (Diese „compensation“s bestimmen auch den
Alltag: für allerlei Dinge werden die fällig – in unterschiedlichen Höhen
etc.).
Ich realisiere, wie schwierig manche
ganz alltäglichen Situationen werden, wenn die Person „gegenüber“ nicht
vergeben kann… - und wenn ich mir dann für ein paar kurze Momente vorstelle,
wie ich mich fühlen würde, wenn ich selbst diese Möglichkeit, zu vergeben,
nicht hätte, dann reicht diese Vorstellung aus, um mich in eine sehr aggressive
und dunkle Stimmung zu versetzen…
Spannend, denn zum Einen kommt der
Versuch dieser Grundhaltung bei mir sicherlich aus meinem Glauben heraus, zum
Anderen merke ich aber auch, dass das dies eine sehr gesunde Haltung ist, und
ich ganz eindeutig davon im Alltag profitiere. :-)
Berufung vs. Geld-scheffeln und
Erwartungen erfüllen
Ach ja, und das Thema „Berufung“.
In Deutschland ein „Dauerbrenner“,
hier genauso.
„Welchen Weg gehe ich? Welchen SOLL
ich gehen, welchen WILL ich gehen, zu welchem fühle ich mich berufen?“
Müssen wir uns in Deutschland bei
dieser Frage schon Gedanken machen, wie das Umfeld reagiert, wenn wir einen
Lebensweg „wählen“, der für den „Mainstream“ nicht ganz nachvollziehbar ist, so
ist das hier genau das gleiche. Allerdings sind die Beweggründe vielleicht
nicht ganz die gleichen.
Wie im „Compensation“-Absatz erwähnt,
braucht „man“ hier für bestimmte Anlässe SEHR viel Geld… - neben den „Compensations“
sind das dann der Brautpreis, irgendwelche
Geld-verleih-und-mit-Zinsen-zurückbekomm-Aktionen, der Tod eines Menschen (da
muss man als Wantok nämlich viiiiiiiiel Geld zahlen, das man dann wieder
bekommt, wenn aus der eigenen Familie jemand stirbt…), und dann noch eine
merkwürdige Sitte, dass man den Brüdern und Onkels einer Frau, die in eine
andere Familie eingeheiratet hat, Geld gibt (ABER: das ist NICHT der
Brautpreis!!!) – das Wort aus Pidgin übersetzt ist sowas wie „Milchgeld“…
Insofern sind die Erwartungen, die in
die Kinder einer Familie gesetzt werden, vor allem die, dass sie GELD
SCHEFFELN, damit sie sämtliche Schulden etc. bezahlen können, die der Rest der
Familie macht. (Und auch hier gilt: für mich eine sehr düstere Vorstellung;
welch schwere Bürde für die Kinder).
Nun ja, kurz und gut: für die jungen
Menschen, die sich hier ein Leben für die Kirche (als Brüder, Priester oder
Schwestern) vorstellen können, bedeutet das, dass sie wirklich Erlaubnis benötigen
von ihren Eltern und ihrer gesamten Großfamilie (und es kommt durchaus vor,
dass dann irgendein Onkel nein sagt), wenn sie nicht völlig mit der Familie
brechen möchten.
So viel für heute…! Bis bald, mit herzlichen Grüßen aus PNG!
Nachbemerkung: Ich habe all dies NICHT
geschrieben, um große Diskussionen auszulösen und bin auch NICHT bereit, mich
in diese hineinziehen zu lassen! Ich habe lediglich meine Beobachtungen und
Erfahrungen hier niedergeschrieben, um sie zu teilen (und um möglicherweise
auch zum Nachdenken anzuregen)!
Wunderbare Beobachtungen. Viele Grüße, :-)
AntwortenLöschenVielen Dank für die schönen Beobachtungen. Ich kann es gut verstehen, dass du die ewigen Diskussionen "back home" leid bist. Ich bin sie auch leid. Besonders schöne finde ich den Abschnitt zu den Idealen, an denen man scheitern kann, die es aber dennoch wert sind, aufrecht erhalten zu werden. In Polen ist dieses Bewusstsein auch (noch?) viel stärker vorhanden und ich habe das auch immer als sehr angenehm empfunden.
AntwortenLöschenIch war ja auch Ministrantin und habe das sehr gerne gemacht. Es hat mir die Liturgie auch sehr nahe gebracht. Bei uns war es aber auch so, dass wir Mädels die Jungs quasi "verdrängt" haben (weil wir einfach zuverlässiger waren). Insofern bin ich da heute auch zwiegespalten. Eigentlich ist das Ministrieren ja eine gute Möglichkeit für Jungs, ihre Berufung zum Priestertum zu entdecken.