Sonntag, 10. Mai 2015

Der Mai ist gekommen...




…die Gräser blühen rot…!

In den letzten Tagen geht mir immer das schöne „Der Mai ist gekommen“-Lied im Kopf herum, denn was ich nicht für möglich gehalten habe, ist wahr geworden: überall blühen ZEITGLEICH Gräser ROT. Das haben mir die Leute hier schon seit Monaten erzählt (auf meine Frage hin, ob es hier so etwas wie Jahreszeiten gibt, oder ob einfach „immer“ „alles“ blüht), aber so richtig glauben mochte ich das nicht. Und nun ist es tatsächlich wahr: überall blühen die Gräser und geben den Bergen einen roten Anstrich. Sehr hübsch!
Damit Ihr Euch ein Bild machen könnt:
 
Hinter "meinem" Haus

close-up

sehr hübsch, wie ich finde...


Dennoch fehlt mir der Frühling in Deutschland ein wenig – das Erwachen der Natur und das frische Grün ist halt doch anders. :-)

Diese Woche war einiges los:

Schwein
Zum einen war da der Bischof, der für 10 Tage in Williame unterwegs war für verschiedene Einweihungen/ Segnungen etc. und von dieser Reise zurückkam – mit einem Schwein (eigentlich hatte er zwei geschenkt bekommen, aber das zweite war noch nicht nach Mendi gebracht worden). Das arme Schwein musste diesen langen Weg zurücklegen (zunächst zu Fuß ;-), denn dort, wo der Bischof das geschenkt bekam, gibt es keine Straße, und dann noch einige Stunden mit dem Auto…
Und DANN wird es hier demnächst wohl einfach gegessen… (mein Vorschlag an den Bischof, eine kleine Schweinezucht zu starten, wurde irgendwie nicht ernst genommen ;-) )
Nun ja, für mich halt immer noch witzig, diese Tiere, die da einfach immer verschenkt werden – na klar, Schweine für den Bischof (und heute in einer Neuauflage: „(lebendes) Hühnchen für den Priester“ – bei der Gabenbereitung :-) ).

Gefängnis
Hier in der Nähe (30 Minuten mit dem Auto) ist das Gefängnis für die Region. Die MC-Schwestern („Mutter Theresa-Schwestern“) besuchen die dort inhaftierten Frauen einmal in der Woche. Da ich sehr interessiert war, zu sehen, wie die Verhältnisse hier in einem Gefängnis sind, habe ich die Schwestern gebeten, mich einmal mitzunehmen.
Das Gefängnis ist zunächst eine riesige Fläche, die von einem Zaun umgeben ist (man muss mit dem Auto hineinfahren und ist eine Weile unterwegs; allerdings wurde mir gesagt, dass der Zaun wohl nicht mehr überall ganz ist…). Auf dieser großen Fläche befinden sich auch die Häuser der Gefängniswärter und eine Schule, sowie eine Kirche und eine Art Sportplatz. Der Ort, wo sich die Gefangenen befinden, ist dann nochmals eingezäunt (und hier ist der Zaun intakt) – eine recht kleine Fläche für die Frauen und eine deutlich größere für die Männer.
Das eigentliche Frauengefängnis besteht dann aus einer kleinen Freifläche, einem „Haus Kuk“ (also einer Küche) und einer langgezogenen Wellblech-Baracke, die in 3 Räume unterteilt ist: einen großen Schlafraum mit lauter Stockbetten, einen kleineren Stauraum, wo die persönlichen Dinge der Häftlinge eingeschlossen sind und einen Raum, der für allerlei genutzt wird, vornehmlich als Speisesaal.
Ich war ziemlich positiv überrascht, denn ich hatte mir das alles sehr viel schlimmer vorgestellt… (Erzählungen zufolge ist der Bereich für die Männer sehr viel größer, voller und weniger schön, den habe ich aber nicht von innen gesehen)
Ach so, und irgendwo gibt es auch noch Toiletten und eine Waschgelegenheit, die habe ich allerdings ebenfalls nicht inspiziert.
Die Frauen scheinen ein recht ordentliches Leben dort zu führen, tagsüber verrichten sie Arbeit für die Regierung oder die Gemeinschaft … (Gartenarbeit oder nähen oder Bilums machen etc.), einen Tag in der Woche haben sie frei.
In Gesprächen mit ihnen kam heraus, dass einige gar nicht so undankbar sind, dort zu sein, denn dort sind sie zwar eingesperrt, aber im Gegenzug auch sicher (vor dem Hass anderer), allerdings vermissen sie ihre Familien (wobei – ein Hochsicherheitsgefängnis ist das halt auch nicht… - es gibt durchaus immer wieder Leute, die ausbrechen…).
Spannend für mich war, warum diese Frauen im Gefängnis sind (ich habe das einfach mal allgemein in die Runde gefragt, aus welchen Gründen Frauen hier sind)…: Betrug, Diebstahl, Mord,…
Und DAS war dann wirklich die sonderbarste Situation: eine der Frauen hat ganz von sich aus erzählt: „also ich bin hier, weil ich eine Frau umgebracht habe“. Irgendwie krass!
Im Gespräch mit den Schwestern dann auf dem Heimweg habe ich erfahren, dass dies tatsächlich ein sehr häufiger Grund ist: eine Zweit- oder Drittfrau erschlägt aus Eifersucht eine der anderen Frauen ihres Mannes (oder den Mann – oder so).
Krass. 
Schlafsaal

Einige der inhaftierten Frauen

...bei der Arbeit (Bilum machen)


Sanguma meri
…und dann war ich am nächsten Tag gleich nochmals unterwegs: diesmal zur Polizeistation in Mendi, bzw. zu den Zellen dort, denn im dortigen Frauenteil sind gerade drei Frauen, die (wieder einmal…) als Hexen bezeichnet und misshandelt wurden. Der Mann einer dieser Frauen war gestorben – und (genau!) es wurde eine Schuldige dafür gesucht – und gefunden: die eigene Frau und zwei ihrer Verwandten. Sie wurden ebenfalls (ähnlich einer Kreuzigung) gefesselt und die Leute begannen, sie mit heißen Eisengegenständen zu verbrennen, doch diesmal nimmt die Geschichte eine andere Wendung: ein POLIZIST hat davon gehört und intervenierte und rettete den Frauen vermutlich das Leben. Zu ihrer eigenen Sicherheit nahm er sie mit auf die Polizeiwache und sperrte sie in die Zelle dort. Die Polizisten informierten die katholische Krankenstation und die Schwestern kamen, um die Wunden zu versorgen (die Frauen haben Verbrennungen, aber lange nicht so schlimm, wie es hätte sein können; eine Frau hat auch eine gebrochene Hand, vermutlich vom Fesseln); ich durfte an einem Tag mitkommen und brachte eine Tüte voll Brot mit.
Dem Polizisten, der die Frauen gerettet hat, sagen wir alle, wie gut und richtig seine Tat war und wie dankbar wir ihm sind und sind ganz vorsichtig optimistisch, denn viel zu häufig habe ich hier Geschichten gehört, in denen eben selbst Polizisten bei Hexenverbrennungen beteiligt sind, oder zumindest untätig (und verängstigt) danebenstehen und zusehen.
Wie es mit den Frauen weitergeht, ist unklar. Ihr Dorf will sie auf keinen Fall zurück (die Polizisten haben versucht zu vermitteln, der Priester wird auch noch sein Glück versuchen) – und sonst wissen sie nicht, wohin sie gehen können.
Die Frauenzelle - mit der Toilette in der Ecke

Hinter dem Gitter sind die Männer...

Sr. Gaudentia verarztet eine der drei Frauen

Officer Philip hat die drei Frauen gerettet


Umzug
Die vorletzte Woche war ich der Einladung der FSM-Schwestern (Franciscan Sisters of Mary, eine lokale Schwesterngemeinschaft) gefolgt, eine Woche bei ihnen zu Gast zu ein (da ich hier oben im DPC sonst fast alleine gewesen wäre – das war der offizielle Grund; und der zweite – inoffizielle – war, dass eine der Schwestern, die ebenfalls im Diözesanbüro arbeitet, nun nach längerer Krankheit wieder zurück ist, aber noch nicht wirklich gesund ist, und vor allem psychisch auch noch überhaupt nicht auf der Höhe, und dass meine Anwesenheit die Situation etwas entspannen könnte). Das war wirklich sehr nett, und wie sich herausstellte, für alle Beteiligten ein Gewinn, so dass sie mich gefragt haben, ob ich nicht die verbleibenden ca. sechs Wochen (uuuuaaaaahhh, nur noch so kurz…) auch noch bei ihnen wohnen möchte. Und so werde ich nächste Woche nun wirklich „ganz“ dort hinunterziehen. :-). Mir wird meine schöne Aussicht fehlen, und mein täglicher Spaziergang zur Arbeit; dafür werde ich nicht mehr alleine essen müssen, und nette Leute um mich herum haben. (Aber ich hätte nicht zugesagt, wenn ich mir das nicht hätte vorstellen können; insofern freue ich mich!)
Die FSM-Sisters in Mendi


So, heute mal nicht so lang (vielleicht schaffe ich es ja, die verbleibenden Wochen häufiger und dafür kürzer zu bloggen?!?).
Einen herzlichen Gruß „heim“!


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