Sonntag, 1. März 2015

Achtung - Überlänge!



28.02.15
Life is good!
Es ist Samstag, ich wurde heute spontan zur Geburtstagsparty für Alex‘ (einer der Inder) kleinen (2-jährigen) Sohn eingeladen – in Abwesenheit des Sohnes (der nämlich mit seiner Mutter in Indien ist). Alex wollte aber dennoch gerne feiern und so haben wir uns bei den beiden indischen Schwestern (ja, genau, es sind inzwischen 2!) – zusammen mit 6 MC-Sisters (Mutter Theresa-Schwestern) und eben Alex zum Mittagessen getroffen. Währenddessen hat die gute Emma (ich „gönne“ mir nämlich seit kurzem jetzt auch eine Putzhilfe – für umgerechnet ca. 1,20 Euro/ Stunde…) bei mir geputzt.
Nun sitze ich vor meiner kleinen Wohnung, es regnet (noch?) nicht und genieße einen Cappucchino (!) -… na gut, einen Auflös-Cappucchino, ABER IMMERHIN!!!
Außerdem habe ich eine neue Kamera (die mir Ken, der Pilot, den ich bei meiner Ankunft in Moresby kennengelernt habe, aus Kalifornien mitgebracht hat – ich habe sie natürlich bezahlt) und finde, dass es mir richtig gut geht! Diese neue Kamera habe ich online bestellt, und überall war sie als SCHWARZ beschrieben – geliefert wurde sie WEIß… - das ist wohl so ziemlich die letzte Farbe, die ich herausgesucht hätte, aber zurückschicken kann ich sie ohnehin nicht (aus PNG ;-)  ). Nun ja, ich habe reklamiert und muss sagen, dass die Firma sehr nett war, nun habe ich einen Rabatt bekommen und habe ein wirkliches Schnäppchen gemacht! (…aber die Kamera bleibt halt weiß ;-) … - vielleicht sollte ich sie nach und nach noch mit Herzchen und ähnlichem verzieren, dann ist sie wirklich einzigartig ;-)  ).

Gestern war hier die Einweihung der neuen Sendeantenne für Radio Maria und einen Tag zuvor war das erste Treffen des neuen „Communication Team“s (dem ich auch angehöre). Die Leute hier in der Gegend (theoretische Reichweite = 100 km, allerdings ohne Berge…) können nun also Radio Maria empfangen, und um das zu feiern, wurde zur Einweihung eine LIVE-Schaltung nach Mendi gemacht :-) – über das Smartphone von Bischof Donald. Das war wirklich nett!
Segnung von Satellitenschüssel etc.

Bischof - "live on air" - via Smartphone!

Ansonsten habe ich noch zwei weitere Tage mit Großputz im Büro, bzw. im angrenzenden Bookshop verbracht (und habe manche Leute zum Staunen gebracht, was man so alles putzen kann… ;-) ). Dieser Bookshop wurde jetzt jahrelang vernachlässigt und enthält zwar allerlei alten „Kruschd“, aber doch auch so manche netten Dinge, die nun ab demnächst auch wieder verkauft werden (sobald ich noch ein paar Preise herausgefunden ODER ERfunden habe ;-)  ).


Ich „schulde“ Euch noch:
Teil 2 meiner Reise nach Kwanga (Middle Ramu) und Madang…

Zunächst: die Bilder zu Teil 1 folgen noch, aber zumindest zwei Bilder vom Begräbnis von Fr. Colman will ich nachtragen
 
Beerdigung von Fr. Colman

Die Diözesanpriester tragen den Sarg zum Grab



Am 07.02. sind wir nachmittags aufgebrochen nach Annaberg (!), das tatsächlich auf einem kleinen Berg liegt und ursprünglich von deutschen Missionaren gegründet wurde. Im Vergleich zu Kwanga der pure Luxus! ;-) – ein schönes, großes Haus und eine eher europäisch anmutende Kirche (St. Anna natürlich :-) ). 
St. Anna in Annaberg

Wir wurden mit wunderbar duftenden Blumenkränzen empfangen

Spannend war, dass in der Gegend um Annaberg zur Zeit zwei Clans miteinander kämpfen und in den letzten Wochen zwei Menschen bei diesen Kämpfen ums Leben kamen (je einer pro Clan). Vom Fluss aus kann man die Orte sehen, wo Häuser abgebrannt wurden – irgendwie bedrückend. An unserem zweiten Abend in Annaberg bin ich mit Fr. Daniel (der auch in Annaberg und den dazugehörigen Outstations aushilft, weil es dort z. Zt. keinen Priester gibt) und noch ein paar Leuten zu den beiden Clans gefahren (also nacheinander). SEHR interessante Erfahrung… - je ein Mann, der das Sagen hat und dann viele jüngere Männer (jeweils), die sich alle versammelt haben. Fr. Daniel kam, um klarzustellen, dass diese Kämpfe/ dieses Problem dort am Ort bleiben sollen und auf keinen Fall bis nach Annaberg (oder weiter – womöglich bis nach Madang) kommen, oder die sichere Passage des Ramu Rivers beeinträchtigen dürfen. Der erste Clan wurde von einem etwas älteren Mann „geführt“ und die Stimmung dort war recht verständnisvoll. Alle stimmten zu, dass bereits genug Probleme und Leid vorhanden waren und dass es – nach einer gewissen Zeit – auch gut wäre, z.B. unter Vermittlung von Fr. Daniel, Lösungsmöglichkeiten für den zukünftigen Umgang miteinander zu finden. Beim zweiten Clan war die Stimmung gänzlich anders: hier war der „Anführer“ vielleicht ein wenig älter als ich und vor allem gebildet. Er sprach von sich aus Englisch (nicht meinetwegen) – eine absolute Seltenheit dort – und ich habe später herausbekommen, dass er ein paar Semester im Priesterseminar war. Er beklagte sich (vermutlich zu Recht) über die Unzulänglichkeiten bei der Polizei, die helfen sollte den Fall zu klären; problematisch fand ich an ihm, dass er es viel zu gut verstand, sich mit Worten auszudrücken und „seine“ Jungs aufzuwiegeln (auch, wenn er SAGTE, dass seine Jungs sich zurückhalten würden). Die Stimmung dort war sehr viel negativer und bedrückender.
Nun weiß ich natürlich überhaupt nichts über den ganzen Kampf dort und kann auch nicht beurteilen, welcher Clan wohl eher im Recht ist, etc., aber mir wurde allein durch die unterschiedlichen Stimmungen zum ersten Mal klar, wie schwer es „in echt“ sein kann, Frieden zu schaffen….
…und dies ist – im Vergleich – wohl „nur“ ein „kleiner“ Krisenherd…
Orate!

Interessant für mich in Annaberg war auch, dass ich zum ersten Mal real gesehen habe, dass der zweite Weltkrieg eben nicht nur in Europa (und Nordafrika…) stattgefunden hat… (ich weiß, dass ich das GANZ KURZ einmal in Geschichte gelernt habe, vermute aber, dass man –aus gegebenen Gründen – in Deutschland wohl doch eher Ereignisse mit deutscher Beteiligung lehrt). In Annaberg gibt es nämlich eine kleine Höhle (die früher etwas größer war), die als Versteck für japanische Soldaten im zweiten Weltkrieg diente. Eine kleine abenteuerliche Kletterpartie und dann der Einstieg durch ein kleines Loch – und dann waren wir in der Höhle. Sehr nett: die Kinder, die dort drumherum wohnen, haben den Einstieg extra für uns geschmückt!
 
Geschmückt: der Höhleneingang - rechts daneben der Ausgang - SEHR eng und steil!

IN der Höhle

Nach zwei Nächten in Annaberg haben wir uns dann auf den Weg nach Madang gemacht – mit einem Zwischenstopp in Atemble. Dies war der Ort am Ramu River, an dem die allerersten (deutschen) Missionare sich niedergelassen haben. Die ursprüngliche Kirche wurde zwischenzeitlich an einen etwas anderen Ort verlegt (warum, weiß ich nicht). Der Empfang dort war wirklich besonders nett und auch der Gottesdienst, den wir dort feierten, war sehr nett – eine kleine, aber feine Gottesdienstgemeinde und eine Freude, dass wir da waren. 
In Atemble - Empfang mit wunderschönem Blumenkranz

Gegen mittags machten wir uns auf den Weg flussaufwärts (stellenweise hatte ich wirklich das Gefühl, in einer „National Geographic“- Dokumentation zu sein: wir fuhren durch „echten“, beinahe unberührten tropischen Regenwald! Auf meine Bitte hin haben wir eine kurze „Pinkelpause“ an einer Stelle gemacht, wo wir tatsächlich aus dem Boot aussteigen konnten – das war schon ziemlich beeindruckend – wirklich wie im Lehrbuch – die verschiedenen Ebenen des Waldes, die ganze Geräuschkulisse, die Bäume, Gewächse, etc.! Wunderbar!) und wir schafften es tatsächlich abends am Base Camp des Ramu River anzukommen!!!
Dort war dann zunächst nicht klar, ob uns ein Auto aus Madang abholen kommt, oder nicht (weitere 2,5 Stunden Fahrt) und ich hatte – zum ersten Mal auf dieser Reise – eine kleine Krise, denn es stand für mich außer Frage, dass ich NIE WIEDER in diesem Haus übernachten würde… - ich stieß auf einiges Unverständnis „aber draußen ist es nicht sicher“ (naja, DRINNEN AUCH NICHT!!!), oder „mach Dir keine Sorgen“ (MACHTE ICH MIR ABER!!!) oder: „vertrau uns, wir wissen, was wir machen“ (NEIN, EBEN NICHT!!! Ihr habt KEINE AHNUNG, wie dieses Haus in die Luft gehen könnte),… etc. 
Das Base Camp des Ramu River - hier "nächtigen" Menschen UND Benzinfässer...

"mein" "Zimmer" letztes Mal (beachte: der "ebene" Boden...!)

Die Buschtoilette!!!

ABER: alles wurde gut, Fr. Samuel kam und holte uns ab – und brachte uns direkt in’s „Headquater“ der Diözese (ääähm, ERZDiözese) Madang, wo ich dann in einem wirklich sehr bequemen Bett beruhigt und tief schlief!!!

…und dann folgten zwei Tage Madang – und das war schon beinahe ein Kulturschock! :-)
Alleine die Läden, die es dort gibt … (also im Vergleich zu Mendi)… da kann man ja beinahe ALLES kaufen (wenn auch einiges gute chinesische Markenware ist…).
weitere Highlights:
- Mangos!!! Leckere, echte, frische Mangos!!!
- das Meer!!! Ich war am Meer!!! Sogar IM Meer!!! Schwimmend!!! :-)
DAS MEEEEEEEER!!!!!!!!!

- ich habe echte „Wantoks“ getroffen: Steyler Missionsschwestern, von denen eine sogar aus Laupheim kommt! …diese Schwester ist nun 80 und fährt nicht mehr zurück nach Deutschland (und hofft, dass sie gesund genug bleibt, um bis an ihr Lebensende in PNG zu bleiben, um dann dort auf dem Missionsfriedhof beigesetzt zu werden) und hat sich deshalb besonders über Grüße aus der alten Heimat gefreut! Ich habe ihr versprochen, ihre Grüße zurück nach Deutschland zu schicken!
- wieder mit „westlich zivilisierten“ Menschen sprechen zu können … - das tat tatsächlich sehr gut!
- Treffen mit Erzbischof Steven und dem Bischof emeritus William (der ebenfalls eine interessante Lebensgeschichte hat – er wurde im heutigen Polen geboren – als katholischer Deutscher und musste dann polnisch lernen etc.)
- Wiedersehen mit einigen der Kapuziner, die ich bereits in Mendi oder in Moresby getroffen habe
- …
SEHR NETT!

…und dann folgte noch die aufregende Heimfahrt…
Wir (das heißt, die Jungs) hatten es geschafft, einen PMV zu ergattern, der vorwiegend mit Buai (Betelnuss) beladen war (der Vorteil: PMV ist zwar überladen, aber dafür sind nicht so viele Menschen an Bord und man hat ein bisschen mehr Platz, es ist etwas leiser und i.d.R. auch nicht so geruchsintensiv). Wir fuhren um ca. halb zwei (nachmittags) los und kamen am nächsten Morgen um ca. 6.30 Uhr (morgens) in Hagen an; dort mussten wir dann ein weiteres PMV nehmen und waren weitere 4 Stunden später in Mendi. Ziemlich anstrengend – und ich war sehr froh, dass ich nicht alleine unterwegs war! Die Frauen, die mit uns im PMV waren, haben mich zwar „adoptiert“ („wir sind doch jetzt eine Art Familie, solange wir zusammen unterwegs sind“) – was heißt, dass sie mich immer für die „Pinkelpausen“ unter ihre Fittiche genommen haben, aber insgesamt wäre es alleine wohl auch nicht immer so ganz sicher gewesen.
Interessant an dieser Fahrt: bevor wir auf den „Main Highway“ fuhren, hielt unser Fahrer den Wagen an, schaltete den Motor aus und forderte uns alle auf, mit ihm zusammen für eine sichere Fahrt zu beten. Ich habe keine Ahnung, welcher Kirche er angehörte, aber ich war etwas überrascht! Positiv war dann auch, dass er – im Gegensatz zu vielen anderen Fahrern – eben selbst nicht rauchte, nicht trank und auch kein Buai kaute – und uns sehr überlegt und sicher an’s Ziel brachte! Ich habe mich dann auch sehr herzlich bei ihm dafür bedankt!
An zwei Stellen war die Weiterfahrt zunächst nicht möglich: 
Main Highway

bei der ersten Stelle hatten die ausgiebigen Regenfälle der letzten Tage dafür gesorgt, dass die halbe Straße teilweise einen halben Meter unter Wasser stand, was bedeutete, dass wir (und die meisten anderen Fahrzeuge) nicht ohne weiteres weiterfahren konnten. Nun hatten sich dort findige Jungs der Umgebung versammelt, die anboten – gegen ein Entgelt („Compensation“ – hier ist ALLES Compensation….) die Fahrzeuge durch das Wasser zu schieben (was bedeutete, dass die Insassen selbst durchlaufen mussten). Doch – unsere Rettung nahte: ein großer LKW bot sich an, uns durch’s Wasser zu ziehen!!! Super, damit mussten wir nicht aussteigen! ABER: wir hatten die Rechnung ohne die Jungs gemacht – die wollten nicht zulassen, dass der LKW uns durchzog, denn dann konnten sie an uns ja nichts verdienen (man muss vielleicht dazu sagen, dass da außer uns mal noch locker 20 andere Fahrzeuge standen, die alle nicht weiterkamen…). Hier zeigte sich dann die Umsicht des Fahrers: ihm war klar, dass dies unsere schnellste und bequemste Möglichkeit sein würde, durchzukommen, und dass wir dadurch erheblich Zeit gewissen würden und er versprach den Jungs, ihnen etwas Geld zu geben (ca. ein Drittel dessen, was sie normal forderten – ca. 4 Euro), und er gab auch dem LKW-Fahrer Geld (keine Ahnung, wie viel). Ergebnis: wir waren – im Vergleich zu anderen – ziemlich schnell und problemlos weiter! (…wir hatten aber auch alle 10 Euro mehr für die Fahrt gezahlt, als sie „normal“ kosten würde…!)
Hier ging's nicht weiter - der LKW zog uns -> vorne schieben die Jungs ein anderes Fahrzeug

Das zweite Hindernis war ein „Road Block“… - hier hatte es wohl kurz zuvor einen Erdrutsch gegeben und die Leute, die in der Nähe wohnten, hatten die Straße wieder freigelegt und forderten nun von jedem Fahrzeug, das passieren wollte, Geld (keine Ahnung, wie viel, i.d.R. ist das aber recht viel Geld). Da es keine andere Möglichkeit gibt, zu fahren, zahlt man dann halt. Besonders bemerkenswert fand ich, dass wir von einem Polizeiauto zu dieser Stelle hin eskortiert wurden. In unserem Land würden wir erwarten, dass die Polizei diesem Treiben augenblicklich ein Ende macht… - hier ist es vermutlich so, dass die Polizei selbst an diesen Road Blocks mitverdient… - also nicht „die“ Polizei, sondern die einzelnen Polizisten…
Da es ohnehin dunkel war, habe ich mich in meinen Schal gewickelt und mein Gesicht nicht gezeigt – ich war mir nicht sicher, ob die Tatsache, dass eine „weiße Frau“ an Bord war, den Preis der Passage womöglich in die Höhe getrieben hätte…
Eine PMV-Fahrt, die ist lustig... - mit dem PMV von Hagen nach Mendi - FAST schon am Ziel!

PMV-Stop in Hagen, morgens 7 Uhr.

Der Rest der Reise ist EIGENTLICH ja auch eine Erzählung wert (wie so ziemlich alles hier), aber ich habe schon viel zu viel geschrieben!

Deshalb:
Bis nächstes Mal!!!

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