Dienstag, 4. November 2014

Von nackten Männern, Flöhen und anderen Katastrophen



05.11.2014
Nun ja, ich gebe zu, der Titel ist zu reißerisch, aber schließlich sollt Ihr ja auch etwas zu lachen haben….!
„Hallo“ nach Hause!
Es ist mal wieder Mittwoch und an der Zeit, dass ich von den Erlebnissen der letzten Woche berichte!

Beginnen wir chronologisch:
am Samstag wurde ich von einem der Brüder mitgenommen nach Mt. Hagen – einen halben Tag „Shopping“ und dann eine Schwester und einen Priester von dortigen Flughafen abholen. Im Vorfeld wurde mir gesagt, dass ich aufpassen solle und keinerlei Bilums (…Umhängetaschen…) mitnehmen solle, denn es gäbe dort sehr viele Straßendiebe – besonders vor „kleinen“ Jungs sollte ich mich vorsehen.
Nun war das ja nicht mein erster Aufenthalt an einem Ort, der vielleicht nicht ganz so sicher ist, aber dennoch war der gute Bruder etwas besorgt um mich ;-). Aber – um das vorweg zu nehmen – ich bin heil wieder „daheim“ in Mendi angekommen und mir wurde nichts geklaut. Ganz touristisch bin ich mit einem Bauchgeldbeutel und einem weiteren Bauchbeutel, den ich noch mit einem Karabiner an den Gürtelschlaufen befestigt hatte, aufgebrochen. ;-) Ein wenig haben sie dann doch über mich gelächelt, denn ich konnte den Bauchbeutel unter meiner Fleecejacke verstecken – und sah damit definitiv schwanger aus. Wie auch immer: all went well (in einem Supermarkt ist mir tatsächlich ein Junge die ganze Zeit mehr oder weniger unauffällig gefolgt, aber ich habe ihn immer im Auge behalten und vor allem hatte ich meinen Bauchbeutel immer fest im Griff) und es war ein aufregender Tag.
Aufregend im positiven Sinn (wenn man mal davon absieht, dass es halt drei Stunden Fahrt über teils echt nicht gute Straßen sind), denn ich habe jetzt sooooooo viele Luxusgüter: Schokolade (auch Backschokolade!), Nutella, Honig, Mayonnaise, Senf, Kaugummi (und zwar nicht nur diesen furchtbar „bäbbig“-süßen, den es hier in Mendi gibt), Rum- und Vanillearoma zum backen, Maismehl, „Multi grain“-Brot (naja, dennoch Toastbrot, aber immerhin…!), Deospray, Duschgel, Kakaopulver, Käse, und bestimmt noch irgendwas, was ich vergessen habe – oh, ja, auf jeden Fall: RINDFLEISCH (…auch Hackfleisch…) ;-). I’m THRILLED! ;-) Schon spannend, gell, wie man plötzlich so dankbar ist für Dinge, die einem daheim so ganz selbstverständlich vorkommen! :-)
Im Baumarkt - ist das nicht herzig?! Barfuß...

Auf der Fahrt nach Hagen hat einer der Locals, die wir eigentlich nur bis zu ihrem Dorf mitnehmen wollten, beschlossen, dann doch mit uns nach Hagen und dann erst zum Dorf zurückzufahren, so dass er die ganze Zeit mit dabei war. Prinzipiell ist so etwas ja eine gute Sache, denn dann hat man jemanden, der auf das Auto aufpasst, während man selbst einkaufen ist, aber manchmal ist das auch ganz schön anstrengend (zumal wir ohnehin Ben mitgenommen hatten – den Sohn des Kochs der Capuchins). Dieser junge Herr war durchaus sehr hilfreich, aber vor allem schien er darum bemüht, mich irgendwie zu beschützen. Das führte dann dazu, dass ich so gut wie keinen Schritt tun konnte, ohne ihn sehr nah neben mir zu haben und dass ich nirgends hinkonnte, ohne, dass er mir erklärte, was das jetzt alles ist (also auch solche Dinge, wie Öl, Ketchup und Mehl oder so) – aaaaaahhhhh. Im zweiten Laden bin ich dann ein klitzekleines bisschen geplatzt und habe ihn gebeten (freundlich lachend allerdings), doch bitte beim Bruder zu bleiben und habe gesagt, dass ich in Deutschland immer alles alleine machen muss und das gewöhnt bin und das deswegen jetzt auch alleine machen möchte (also auch Tüten tragen etc.) – und dann hat das auch geklappt! Sehr gut!
Mt. Hagen ist übrigens nicht wirklich sehenswert, aber definitiv deutlich größer als Mendi, aber es war für mich unbedingt eine Reise wert! Nachdem wir die Schwester und den Priester dann vom Flughafen abgeholt hatten, kam mein Kulturschock, denn wir sind in ein Café gegangen, das gegenüber dem Flughafen liegt – und das ist sooooooooooooooo „westlich“ („first world“, … - ich weiß gar nicht, wie ich das sagen soll…): da waren wirklich (außer den beiden Jungs, die wir mitgebracht hatten) nur „Weiße“. Keine Ahnung, woher, einige sicherlich aus Australien und Neuseeland, dann bestimmt Amerika, und irgendwelche Asiaten (Korea???) – einige Piloten, andere hatten wohl ein „Business“, wieder andere schienen eher touristisch oder weltverbesserisch unterwegs zu sein, aber da waren auch bestimmt 6 kleine Kinder – oh, und da war eine Deutsche, die das managt – aus Oberkirch im Schwarzwald… - jaja, so klein ist die Welt.
Nun ja, ich war dankbar, denn ich hatte einen richtig guten Cappuccino und ein Sandwich – und halt nen Kulturschock nach all den Wochen „in der Pampa“.
Der Weg zurück hatte dann auch noch ein „Highlight“, allerdings nicht unbedingt der positiven Art: auf dem „Highway“ (der heißt so!) stoppten vor uns plötzlich allerlei Autos und es waren sehr viele Menschen unterwegs (ich habe gelernt, dass das hier nicht unbedingt ein gutes Zeichen ist) – und dann haben wir auch gesehen, was das Problem war: direkt vor uns auf der Straße versuchte ein Mann, der möglicherweise betrunken war, auf den Truck vor uns zu klettern und allerlei Menschen versuchten ihn davon abzuhalten (das läuft hier leider selten gewaltfrei ab: Schläge und Tritte gehören da leider dazu, was mich immer auf die Palme bringt… - oh, das erinnert mich: ich habe Euch nie von der Schlägerei vor der Schule erzählt, oder?! – das muss ich noch nachholen). Was auch immer da vorgefallen war, keine Ahnung, aber nach kurzer Zeit haben wir bemerkt, dass dem Mann die Kleider weggenommen wurden und er halbnackt versuchte, um sich zu schlagen. Ich war ganz dankbar, dass ich mit 3 anderen Menschen im Auto saß (die Jungs saßen hinten auf der Ladefläche) und vor allem war ich auch dankbar, dass es nach kurzer Zeit einem anderen Mann draußen gelungen ist, diesen Mann von der Straße zu bringen (…und dann lief er mit ihm und seinen Kleidern von der Straße weg). Wie gesagt. keine Ahnung, was da los war, aber mal wieder ein Einblick in die Unberechenbarkeit der Menschen hier.

Ansonsten war die Fahrt landschaftlich wunderschön – ich bin immer ganz fasziniert, WIE schön die Natur hier teilweise ist – und mir wurde eine ganz besondere Ehre zuteil: der Mount Giluwe (nach dem Mount Wilhelm der zweithöchste Berg in PNG, wenn ich mich nicht irre – 4368 m sagt der Lonely Planet) hat sich entschieden, dass ich ihn einmal OHNE WOLKEN sehen darf :-) (die letzten Male war er nämlich immer in Wolken gehüllt), der Mount Ialibu auf der anderen Seite der Straße (allerdings auch keine 3500 m hoch) hat mir diese „Gnade“ noch nicht gewährt ;-).
Schön, oder?!
Je näher man an Mt. Hagen kommt, desto mehr sieht man, dass dort durchaus andere Leute leben: die Gärten (Felder) sind viel gepflegter – und vermutlich ist die Gegend auch reicher. 
Der Mount Giluwe!!!
OHNE WOLKEN!!!

...somewhere on the road...

schon schön, oder?!?!


So, die nackten Männer haben wir abgehakt. Ach nein, da kommt ja noch Teil zwei der Geschichte:
Gestern war dann tatsächlich der Bruder aus Mt. Hagen da, der hier nach dem WLAN und den Computern schauen wollte (der Bruder, der letzte Woche während des Stromausfalls hier war…). Irgendwann nachmittags habe ich das dann auch mitbekommen (das ist hier wirklich nicht so einfach: mitdenken tun die wenigsten Leute ;-)…) – und dann haben wir gemeinsam versucht, die Unregelmäßigkeiten am Schulrechner zu beheben: und wir waren dann abends (nach 21 Uhr) auch relativ zufrieden mit dem, was herauskam (außer, dass das Internet immer noch nicht an den Terminals funktioniert, aber immerhin schon über ein LAN-Kabel, wenn ich meinen eigenen Laptop mitbringe – das ist doch ein Anfang!). Für diese Tätigkeiten mussten wir immer wieder zwischen der Schule und dem Main Office hin und herlaufen – und hier ist es ja ab kurz nach 18 Uhr abends dunkel. Als wir gegen halb neun da nochmals entlanggingen, sah ich aus meinen Augenwinkeln, dass am Straßenrand (eher im Straßengraben) Bewegungen waren und ich sah zwei Frauen, die sich offensichtlich mit einer dritten, die am Boden saß/lag unterhielten (ich habe nicht verstanden, was) und dann dachte ich, dass ich ein Neugeborenes hätte schreien hören – erwähnte das noch kurz dem Bruder gegenüber, dann beschlossen wir aber beide, dass da zwei Frauen dabei waren und dass sie vor allem direkt vor der Schule und der Wohnung der Schwester, die hier die Krankenstation aufgebaut hat, waren und dass die Frau bestimmt nur ausgerutscht wäre. Nun ja, als wir dann eine Viertelstunde später zurück in die Schule gingen, waren an der Stelle bestimmt 20 Menschen, die tatsächlich eine Frau umringten, die ebenfalls tatsächlich gerade einen kleinen Sohn zur Welt gebracht hat. Der Straßengraben war spontan umfunktioniert worden für die Untersuchungen; die Umherstehenden waren zum Großteil Schwesternschülerinnen, die alle interessiert und hilfreich waren – und die Mutter versuchte derweil, innerhalb des Trubels (…warten auf die Plazenta… ), ihr Kind erstmalig zu stillen – und so kam ich zum nächsten „nackten Mann“ – das jüngste Baby, das ich bislang sehen durfte.
Die Geschichte: die Mutter war auf dem Weg in’s „Haus Sik“, schaffte es aber halt nicht mehr bis dahin (es fehlten vielleicht 400 Meter :-) ).
Meines Wissens sind aber alle wohlauf! Mi amamas!

Nach Kakerlaken, Ratten und allerlei Insekten habe ich nun noch Bekanntschaft mit einer weiteren „netten“ Species gemacht: FLÖHEN… - die letzten Tage hatte ich ständig stichartige „Hubbel“ auf meiner Haut, allerdings – lehrbuchmäßig – immer mehrere an derselben Stelle. Also hielt ich Ausschau, ob da nicht irgendwo ein Floh versteckt ist (nicht, dass ich in meinem Leben schon einen „echten“ Floh gesehen hätte…). Ich fand ihn nicht und fand ihn nicht und gestern Abend hatte ich dann genug: ich sprühte mich großzügig mit „Anti-Brumm“ (Danke, Anja!) ein (meine Lungen waren etwas angestrengt) und legte mich in’s Bett – und dann plötzlich bemerkte ich eine Bewegung an den Beinen – und fand den großen Floh in meiner Schlafanzughose (die ich natürlich bereits dreimal abgesucht hatte). Tja, jetzt klebt her zwischen zwei Tesafilmsteifen…
Ich sehe zwar aus wie ein Streuselkuchen, aber ich bin froh, dass meine Kammerjägerkarriere so erfolgreich weitergeht!

nein, ich habe NICHT zum vierten Mal Windpocken, sondern ich habe das Bett mit IHM geteilt...: 

der Übeltäter
:-) und schließlich noch das Neueste vom Tage: seit gestern Abend trifft sich hier in Mendi der „Priest Senate", was bedeutete, dass der Gottesdienst heute Morgen von viiiielen Priestern mitgefeiert wurde – und ich durfte die Bilder draußen machen ;-)
(die Schwestern waren einen Tag früher dran).
Interessant, denn hier sind nun einige Priester aus Polen, aus Indien (jeweils mehrere), aus Amerika (nur zwei – inklusive Bischof), Korea (3 Stück) und natürlich aus PNG – und ich wurde zu den nächsten Feierlichkeiten in der Diözese eingeladen :-) – mal schauen, ob mich der Bischof dann auch mitnimmt! 
Priest Senate Meeting


Und jetzt: herzliche Grüße heim!

P.S.: …und noch ein nettes Bild aus der Kategorie „Wie viele Menschen braucht es, um eine Leiter aufzuräumen“ – die Frage nach dem „Wie“ versuchte ich ebenfalls zu beantworten, allerdings wurde meine Möglichkeit (…vermutlich, weil von einer Frau…) gar nicht erst in Betracht gezogen ;-) – ich bin immer noch sicher, dass das viel schneller gegangen wäre – aber dann hätte ich auch nicht so viel zu lachen gehabt ;-) 
Die Leiter muss weg! (Die rechte!!!)


P.S.: Ich WOLLTE diesen Post eigentlich heute uploaden, aber: richtig: NO POWER!!! :-) – und diesmal war es wirklich spektakulär – ein Unwetter, wie ich es noch nie erlebt habe – direkt über uns (Blitz-Donner-     Blitz-Donner….) mit Sturm und Regen (wolkenbruchartig!) der ungelogen horizontal „fiel“/ geweht wurde... – krass!!! – Resultat: trotz Überdachung (ich habe eine kleine Veranda) kam das Wasser unter der Tür herein – und ebenfalls zu den Fenstern (die schließen ja nicht richtig) – aber: alles halb so schlimm (detektierbarer Schaden für mich momentan: zwei Blumenkübel, die heruntergefallen und zerbrochen sind – ich hoffe, dass es dabei bleibt.): Wie und ob das mit dem Strom heute noch was wird, ist dagegen nicht so klar – und: richtig! – EIGENTLICH müsste ich gerade unterrichten (die armen Studenten, die hatten schon gestern keinen Unterricht, weil wir den Computer „optimiert“ haben…).

P.P.S.: …and never give up… - now there is power!!!

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